Könnten Geschwister sein! |
Nun eine kleine Lehrstunde darüber, wie man sich wirklich
mal so richtig selbst in die Nesseln setzt. Das Pulver für die Geschirrspülmaschine
ist leer, also denke ich mir, wir hatten
schon von Tabs auf Pulver umgestellt, um Müll zu reduzieren, warum nicht in die
Vollen gehen? Also nehme ich ein Stück Kernseife, zerkleinere es, packe es in
die Klappe für das Reinigungsmittel und lasse die Maschine arbeiten, was das
Zeug hält. Yeah! Am Ende der Zeit fördere ich blitzsauberes Geschirr zu Tage.
Das Glas ist wie poliert. Alles bestens. Na, ja, bis auf die Töpfe meiner
Freundin. Irgendwas in der Kernseife hat die Griffe malträtiert, so dass sie jetzt
aussehen wie die Oberfläche einer Zitrusfrucht. „Schatz, deine Töpfe haben Orangenhaut!“,
rufe ich, und begehe damit gleich den zweiten Fehler, nach dem offenkundigen ersten
mit der Kernseife. Ich versehe beiläufig, von einem Funken Hoffnung zwar nicht
gerade entfacht, die Feststellung, dass die Griffe vermutlich nicht schon
werksseitig so waren, mit einem Fragezeichen. Bereits vor der Aussprache dieser
Worte gegenüber meiner Freundin winden sich die für logisches Denken
zuständigen Areale meines Gehirns wie ein Rudel Aale in einem Schlauchboot. Um
die Metaphern zu verknüpfen: Meine Hoffnung wird jäh und wortlos allein durch
die Blicke meiner Freundin zerstört, die mit selbigen das Rudel Aale mitsamt
Schlauchboot und einem halben See voll eisigen Wassers über mir auskippt und
alle Hoffnungsfunken damit löscht. Da der Geschirrspüler anschließend auch
nicht mehr funktioniert – ein Teufel, wer da versucht eine Verbindung zu meinem
Experiment herzustellen – nutze ich die Zeit
während des Handspülens, mich via Tablet einzulesen, warum man keine reine
Kernseite in Geschirrspülmaschinen nutzen sollte. Hat wohl was mit dem Calcium
im Wasser zu tun, dass das Natrium in der Seife ablöst und sie damit
wasserunlöslich macht. Das Zeug hängt jetzt vermutlich irgendwo in der
Maschine. Was die Griffe zerstör hat, weiß ich nicht, aber ich habe während der
nächsten Wochen des Handspülens noch viel Zeit, es zu recherchieren.
Chemieküche: Walter White trifft Tyler Durden |
Das kleine Unglück bringt aber auch die Gelegenheit, endlich
mal ein Handgeschirrspülmittel zu basteln, dass die herkömmlichen
plastikverpackten Flüssigspülmittel ersetzt. Zunächst bedarf es neuer
Kernseife, da die vorrätige ja nun in der Meschanik der Geschirrspülmaschine hängt. Der Kauf
wird zu einem Ausflug in die Welt der Fach- und Fremdsprachen, da die
Zutatenliste nicht ohne google für mich unlesbar ist. Die Nomenklatur für
kosmetische Inhaltsstoffe ist abenteuerlich und in meinen Augen unnötig. Wenn
ich eine Flasche Gemüsesaft kaufe, steht da drauf, dass er mit dem Saft verschiedener
Gemüse hergestellt wurde. Punkt. Warum kann auf einer Seife nicht auch einfach draufstehen,
dass sie unter Verseifung von Kokosfett hergestellt ist? Nein, hier muss es
unbedingt Sodium Cocoate heißen. Und hätte ich vorher gegooglet, dass SodiumTallowate Seife aus Rindertalk ist, hätte ich sie nicht umtauschen müssen.
Spontanität macht mir echt nur Arbeit. Auch das EDTA will ich nicht in meiner Seife.
Ich verstehe ohnehin nicht, weshalb der Staat es nicht bannt, wenn er schon
empfiehlt, es aufgrund seines schlechten Umweltverhaltens auszutauschen. Wie auch immer. Nun habe ich eine
Öko-Kernseife aus dem Reformhaus, und es kann losgehen. Mein erster Versuch
besteht aus 30 g Kernseife, die ich in einem halben Liter heißem Wasser auflöse
und mit einer Tasse Essig und Zitronensaftkonzentrat versehe. Das Ergebnis ist
aus Sicht meiner Freundin phantastisch, da ich jedes Stück Geschirr
nachpolieren muss und so meiner gerechte Strafe ein Stück näher bin. Selbst
wenn ich das Geschirr noch so gründlich mit klarem Wasser nachbearbeite, es
bleibt ein seifiger Film, der nur mit dem Küchenhandtuch wegzubekommen ist.
Nach zwei Ladungen Geschirr gebe ich es auf. Das nächste Experiment: Weniger
Seife, kein Essig und kein Zitronenkonzentrat mehr, dafür Natron. Ich löse 15 g
Kernseife in einem dreiviertel Liter heißem Wasser auf und gebe 10 g Natron
hinzu. Das Ergebnis passt. Das Geschirr wird sauber, kein Nachpolieren mehr.
Alles Prima. Und sobald die Geschirrspülmaschine repariert ist, probiere ich
aus, ob das auch in der Maschine funktioniert. Natürlich nicht mit den Töpfen
meiner Freundin drin. Und sicherheitshalber auch nur dann, wenn sie nicht im
Haus ist.
3 Kommentare:
Ich hab heute den Internet-Podcast von Fritz Trackback gehört, die Folge in dem dieser Blog erwähnt wurde. Gerade eben hab ich mir dann den Film Plastic Planet zuende angeschaut.
Während des Films bekam ich Durst und griff instinktiv nach der (PET) Flasche Wasser, die auf dem Tisch stand. Ich hielt inne und konnte irgendwie nicht daraus trinken!? Wenn ich jetzt so durch die Wohnung laufe, frage ich mich, wieso mir früher nicht aufgefallen ist, wie plastiziert unsere Welt doch ist.
Auch wenn ich es nicht so weit treibe wie der Autor dieses Blogs, werd ich in Zukunft einige Dinge verändern und den Plastic Diary Selbstversuch gespannt weiterverfolgen.
Danke für's Augen-öffnen!
Hallo, Sven,
genau so ging es mir auch. Am Anfang ist es tatsächlich eine Umstellung. Selbst der EInkauf wird plötzlich zum langwierigen Abenteuer. Aber tröste dich, sobald du einmal weißt, was du plastikfrei einkaufen kannst, ist es genauso einfach wie zuvor. Vielleicht inspiriert dich ja noch das eine oder andere. Danke für's Lesen.
Lieben Gruß
Andreas
Hallo,
toller Blog!
LG
Steffi
Geschirrspüler
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