Samstag, 31. Januar 2015

Eintrag #2 - Minimalismus and the Social Network - Teil 2

Da die Themen Internetsucht und Entwicklung von Social Media ein schier endloses Potenzial für Diskussionen bieten, folgt heute Teil 2 meines Beitrags dazu…

Ich fühlte mich als großer Aufklärer, als ich meinen Freunden mitteilte, dass fast jeder zweite sein Handy regelmäßig mit aufs Klo nimmt. Ich erntete ungläubige Blicke und lernte, dass 75% meiner Gesprächspartner dies als Standard-WC-Verdauungshilfe in ihren Tagesablauf integriert hatten. „Wie willste Dir denn sonst die Zeit auf dem Klo vertreiben?!“. Wir müssen noch härter ans uns arbeiten, um auch hier zum Weltmeister zu werden. Bei den Amerikanern nutzen schon 3 von 4 Personen den Mobilfunk auf dem stillen Örtchen.


Quelle: www.20min.ch


Ich möchte nicht generell gegen die Nutzung neuer Medien ätzen, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass unserer Gesellschaft die „analoge Welt“ völlig aus den Händen gleitet. Dazu wieder ein kurzer Auszug aus dem bereits zitierten Buch „Stadt, Land, Überfluss“:

„Im September 2013 zückte ein Mann in einem Pendlerzug in San Francisco eine Pistole und fuchtelte damit im Waggon herum. Er zielte mal auf diesen, mal auf jenen, stecke die Waffe wieder weg, holte sie wieder raus und putzte sich die Nase. Das störte allerdings keinen der Mitreisenden, was vor allem daran lag, dass es, außer der Videokamera an Bord, keiner mitbekam. Alle waren zu sehr in ihre Mobiltelefone vertieft. Erst als der Mann einem 20-jährigen Studenten von hinten in den Rücken schoss, merkten die anderen Pendler auf. Womöglich wird der eine oder andere schnell noch ein Selfie von sich und dem Tatort gemacht haben."

Nach meiner Meinung gehen Achtsamkeit und Empathie für sich und Andere verloren, wenn man die Welt nur noch durch ein Stück schlaues Plastik betrachtet. Rockkonzerte werden durch die Linse des iPhone 6 geschaut, während dem Stadionbesuch eines Fußballspiels schaut ein Großteil der Fans im Smartphone nach, wer Torschützenkönig 1967 war, und meine Fitness-App sagt mir, ob ich mich heute gut fühle oder nicht.

Natürlich soll jeder Mensch in seiner Freizeit machen, was er möchte – aber bitte nur, solange andere nicht geschädigt werden! Mehr als jeder vierte junge Autofahrer in Deutschland gibt an, am Lenkrad auch gerne mal eine Kurznachricht zu verfassen. Ist doch kein Problem? Doch! In den USA stieg die Zahl der Unfälle durch abgelenkte SMS-Schreiber innerhalb weniger Jahre von 100.000 Unfällen jährlich auf über 1.000.000! Leider bleibt es nicht beim Blechschaden. Es gibt mehrere Fälle von fahrlässiger Tötung. Meine „Lieblingsstory“ ist die Geschichte eines Fahrers, der ein Kind auf einem Fahrrad überfuhr, während er eine Kurznachricht schrieb. Das Kind starb. Der Fahrer hatte die SMS für seine Freundin verfasst - die während der Fahrt neben ihm auf dem Beifahrersitz saß.

Auch ich kann mich nicht davon freisprechen, ein Jäger & Sammler im Internet gewesen zu sein. Irgendwie sind wir alle geil geworden auf „Likes“, viele Netzwerkfreunde und Kommentare zu unseren Posts. Es sind doch wunderbare Ego-Duschen. Auf www.xing.com tat es mir immer gut, wenn ich einen neuen Kontakt hinzufügen konnte. Dabei spielte es für mich keine Rolle, ob ich die Person überhaupt nicht leiden konnte, oder ob sie in einer Branche arbeitete, die für mich keine Relevanz hat. Also habe ich jede Kontaktanfrage angenommen und freute mich, dass ich knapp 300 „wichtige“ Kontakte hatte. Um auch hier meinen Bestand zu reduzieren, habe ich mich auf 150 Kontakte verschlankt, die für mich eine Rolle spielen.

Kritisch wird es dann, wenn sich neue Krankheitssymptome abzeichnen. Hierbei wurde das Phantomklingeln zu einem neuen Symptom. Ein eingebildetes Fiepen des Smartphones. Noch besser finde ich die Einbildung, das Handy würde am Oberschenkel vibrieren, obwohl dies nicht der Fall ist. Fast die Hälfte der jungen Deutschen soll bereits darunter leiden.

Aber, liebe Brüder und Schwestern, es gibt Hoffnung. Wenn Ihr mal versuchen möchtet, wie es sich anfühlt, nicht permanent online zu sein, könnt Ihr Euch ein paar Stunden Freiheit bei www.macfreedom.com kaufen. Für zehn Dollar kann man sich einen halben Tag den Internetzugang sperren lassen. Unter dem Stichwort „anti-social“ kann man sich auch für den temporären Ausschluss von seinen Netz-Freunden entscheiden. Falls Euch das zu doof ist, kann ich Euch auch für ein paar Euro mehr mitnehmen zu meiner nächsten Hüttentour im Allgäu – garantiert ohne Netzempfang!

Noch ein Lacher zum Abschluss (einfach anklicken): No Brain

1 Kommentar:

Andreas Arnold hat gesagt…

Sehr schöner Artikel. Musste ab einer bestimmten Stelle ständig eine bestimmte Melodie mitsummen:
https://www.youtube.com/watch?v=-t0affoV5rI

Herzlichst
Andy

PS Seit alle Signalisierungstöne meines Handys auf lautlos und ohne Vibrationsalarm geschaltet sind, ist das Phantomklingeln und -vibrieren weg. Wenn jetzt noch die dialoghaften Selbstgespräche enden, bin ich wieder frei ;-)